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E-Scooter-Verleihsysteme via App kommt auf Dauer teurer

Ein E-Scooter-Verleihsystem ist eine Form des Verleihs, bei dem die E-Scooter (Elektrounterstützte Roller) meist im öffentlichen Raum oder an öffentlich zugänglichen Stationen zur Verfügung stehen. Die Funktionsweise ist der von Fahrradverleihsystemen ähnlich. Die Bezeichnung E-Scooter stellt eine Verwechslungsgefahr mit den Elektromotorrollern dar.

Die Nutzung dieser E-Scooter erweist sich nur auf kurzen Strecken im urbanen Raum als sinnvoll. Ausleihe und Rückgabe sind vertraglich (per Herbst 2019) nur in den Innenstädten möglich. Die Ausleihe erfolgt nach vorheriger Anmeldung und Registrierung bei dem jeweiligen Anbieter und es fällt eine Leihgebühr an, die sich typisch aus einem Festbetrag pro Ausleihvorgang und einem variablen Anteil über die Ausleihdauer zusammenrechnet. Öffentliche E-Scooter-Verleihsysteme gibt es seit 2017 weltweit. Seit Mai 2019 sind E-Scooter auch in Deutschland zugelassen, was die Gründung einer Reihe von E-Scooter-Verleihsystemen zur Folge hatte.

Grundsätzliches

Die meisten E-Scooter befinden sich nicht in Privatbesitz, sondern werden für einzelne Fahrten von Verleihfirmen vermietet. Angemeldete Interessenten können mittels einer App die Fahrzeuge ausfindig machen und über einen Entriegelungscode ausleihen. Die grössten Anbieter weltweit sind Lime, Bird oder Uber. Bezahlt wird mit Kreditkarte für jede verbrauchte Minute und/oder per Fahrstrecke, manche Anbieter erheben eine Grundgebühr für jede Anmietung. In grossen Städten wie etwa San Francisco, Washington D.C., Las Vegas, Paris und Wien sind Elektroroller Bestandteil des Stadtbildes (Stand Anfang 2019).

Die mit einem Elektromotor betriebenen E-Scooter sind je nach lokaler Gesetzgebung bzw. Strassenverkehrsordnung mit einer maximalen Geschwindigkeit zwischen 18 und 25 km/h zugelassen. Alle Roller müssen mit mindestens zwei Bremsen, Licht und einem Versicherungsnachweis ausgerüstet sein. Ein fest installierter GPS-Tracker ermöglicht die Auffindung der an beliebigen Orten abgestellten Fahrzeuge sowohl zum Aufladen und Warten durch Beauftragte der Verleihfirma als von Nutzuingsintereessenten.

Der Nutzer installiert die App des jeweiligen Anbieters und registriert sich mit einer gültigen Kreditkarte oder einem PayPal-Konto und seiner Handynummer. Anschliessend wählt der Nutzer einen in der App angezeigten Roller aus, dabei wird auch die restliche Akkuladung des Roller angezeigt. Man scannt den QR-Code auf dem Roller und beginnt die Fahrt. Zum Abschluss der Fahrt parkt der Nutzer den Roller in einer der in der App ausgewiesenen Parkzonen und beendet die Fahrt via App.

Statistik

Im August 2019 waren in Deutschland etwa 30’000 E-Scooter ausleihbar. Die Benutzer sind zu 69 % männlich und zu 31 % weiblich. 69 % der Benutzer geben an, die E-Scooter aus Spass ausgeliehen zu haben. Die durchschnittliche Fahrzeit beträgt elf Minuten, dabei wurde im Schnitt 1,9 km zurückgelegt. Die Strecken unterscheiden sich dabei bei den einzelnen E-Scooter-Verleihsystemen nur unwesentlich: Tier gibt 1,93, Lime 1,88 und Voi 1,82 km an. Zum Vergleich: Zu Fuss werden pro Strecke im Schnitt 0,9 km, mit dem Fahrrad 3,4 km, mit der Strassenbahn 4,9 km, mit dem PKW 9,5 km und mit der S-Bahn 12,9 km zurückgelegt.

Der Weltmarkt

Das Marktsegment der E-Scooter-Verleihsysteme entstand 2017 und ist seitdem in hohem Masse gewachsen. Es wird erwartet, dass das Marktvolumen 2025 weltweit zwischen 40 und 50 Mrd. USD betragen wird. Die USA und Europa werden mit jeweils 12 bis 15 Mrd. USD die grössten Teilmärkte sein, China mit 6 bis 8 Mrd. USD und der Rest der Welt mit 10 bis 12 Mrd. USD sind kleiner.

Das erhoffte starke Wachstum des Marktes und die Hoffnung, am Anfang der Entwicklung des Marktsegments hohe Marktanteile zu gewinnen, lockt Wagniskapital in die neu gegründeten Unternehmen. So erhielt beispielsweise Tier in der Serie-A-Finanzierung bis Mai 2019 insgesamt 32,4 Millionen Euro Wagniskapital unter anderem von den Venture-Capital-Fonds Northzone, White Star Capital, Point Nine, Speedinvest sowie von Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg, der sich seit Mai 2019 ebenfalls am Unternehmen beteiligt.

Anbieter in Deutschland

Überblick

In deutschen Grossstädten wie Berlin, Dresden, Köln oder München haben seit Juni 2019 folgende Unternehmen bereits Hunderte oder sogar Tausende E-Roller aufgestellt: Lime, Tier, Bird, Circ, Jump und Voi

Bird

Bird ist ein E-Scooter-Verleih-Unternehmen mit Sitz in Santa Monica, Kalifornien. Es vermietet Elektro-Tretroller in mehreren Städten in Nordamerika und Europa, unter anderem auch in Deutschland. Bird wurde 2017 von dem ehemaligen Uber-Geschäftsführer Travis VanderZanden gegründet.

Circ

Circ wurde im August 2018 von Lukasz Gadowski gegründet und bietet E-Scooter-Verleih in sieben Ländern und 26 Städten an. Seit dem 17. Juni 2019 ist Circ an den Standorten Berlin und Köln auch in Deutschland vertreten. Angestrebt wird ein Angebot in rund 80 weiteren Städten und Gemeinden. Die E-Scooter der Firma sind in Orange/Schwarz gehalten.

Lime

Im Juni 2019 startete der Anbieter Lime mit rund 1000 E-Scootern in Berlin: Standorte befinden sich am Alexanderplatz, am Brandenburger Tor und am Checkpoint Charlie. Der Elektromotor kann auf bis zu 20 km/h beschleunigen, die Reichweite ist konkret angegeben, hängt aber auch vom Strassenzustand sowie Steigungen ab. Die Ausleihe kostet pro halbe Stunde 6 Euro. Die E-Scooter werden jeweils ab 21 Uhr von sogenannten Juicern eingesammelt, aufgeladen und gegen 7 Uhr wieder in den Gebieten verteilt; die Juicer sind keine Mitarbeiter der Firma und werden pro Aufladung bezahlt.

Mittlerweile können die E-Scooter in folgenden Städten ausgeliehen werden: Berlin, Dortmund, Dresden, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Köln, München und Stuttgart. Die Nutzung kostet 1,00 € für das Entsperren und 0,20 € oder 0,25 € pro Minute.

Tier

Der Anbieter Tier Mobility GmbH (Eigenschreibweise TIER) mit Sitz in Berlin hatte im Mai 2019 240 Mitarbeiter. Er ist inzwischen in über 31 Städten in elf Ländern aktiv. Tier wurde 2018 vom ehemaligen Rebuy-Geschäftsführer Lawrence Leuschner, Julian Blessin (Mitgründer von coup) und Matthias Laug (Mitgründer und Technischer Direktor von Lieferando) gegründet. Nach eigenen Angaben erreichte das Unternehmen die beiden Meilensteine von einer Million Fahrten (April 2019) und zwei Millionen Fahrten (Juni 2019) schneller als die anderen Wettbewerber. Innerhalb eines Monats nach Beginn des Verleihs wurden eine Million Fahrten in Deutschland erreicht.

Pro Fahrt zahlen Nutzer eine Aktivierungsgebühr von 1,00 Euro sowie eine variable Gebühr von 0,15 Euro pro Minute.

In einigen deutschen Städten wie Hamburg, München, Düsseldorf beträgt die variable Gebühr 0,19 Euro pro Minute.

Die Scooter müssen innerhalb des Geschäftsgebiets in der jeweiligen Stadt in ausgewiesenen Parkzonen abgestellt werden. In welchen Zonen die Scooter geparkt werden dürfen, stimmt das Unternehmen nach eigenen Angaben mit den jeweiligen Städten ab. TIER zeigt seinen Nutzern in der App die nächstgelegenen Parkmöglichkeiten und auch Parkverbotszonen an.

Voi

Die im August 2018 gegründete schwedische Firma Voi (Unternehmen für Mikromobilität) ist in sieben deutschen Städten mit Rollern vertreten und bietet je Standort rund 50 bis einige hundert E-Scooter an. Ausserdem gibt es in acht weiteren europäischen Ländern die rotbraun lackierten Voi-Roller.

Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte

Der CO2-Ausstoss von E-Scootern liegt bei 125 Gramm pro km. Damit liegt er auf vergleichbarem Niveau wie Leih-E-Bikes (118 Gramm) und halb so hoch wie PKW im Stadtverkehr. Öffentliche Busse verursachen bei hohem Fahrgastaufkommen dagegen 51 Gramm und Fahrräder 5 Gramm CO2. Die Frage des CO2-Ausstosses hängt daher auch an der Frage, ob und in welchem Umfang Fahrten mit dem PKW durch E-Scooter-Verleihsysteme ersetzt werden. Während die Anbieter damit werben, innerstädtische Autofahrten ersetzen und so den Anteil der emissionsfreien Mobilität zu erhöhen, spricht der hohe Anteil an (zusätzlichen) Spassfahrten und die geringe Strecke je Fahrt dagegen, dass dies erfolgen wird.

Kritik

Parksituation

Die Elektroroller-Sharing-Anbieter verfügen in Deutschland über keine eigenen Parkplätze, sondern stimmen mit den Städten Parkzonen für die Roller ab. Da die Nutzer die Roller jedoch theoretisch überall abstellen können, kommt es gelegentlich dazu, dass Fusswege oder Einfahrten durch falsch abgestellte Roller blockiert werden.

Kosten

Im Vergleich mit dem Fahrradverleih ist E-Scooter-Sharing teuer. Für die Strecke in Berlin vom Hackeschen Markt zum Checkpoint Charlie (2,8 km) fallen bei Circ, Tier und Voi 2,35 und bei Lime 2,80 € an. Mit dem Leih-E-Bike betragen die Kosten etwa 1 €.

Lebensdauer

Die E-Scooter sind von Vandalismus bedroht, bis hin zur mutwilligen Entsorgung in Flüssen. Sie müssen gewartet werden, um einsatzbereit zu bleiben. Daher lassen die Unternehmen ihre Scooter jeden Abend durch eigene Mitarbeiter oder Servicefirmen einsammeln, laden sie elektrisch auf und warten sie. Nach Angaben von Geschäftsführer Leuschner von Tier liegt die durchschnittliche Lebensdauer der Scooter zwischen sechs und sieben Monaten. Tier Mobility erhöhte die Lebensdauer der Scooter im Sommer 2019 mit einem neuen Modell auf bis zu einem Jahr. Die Firma Circ gibt an, je nach Standort zwischen 15 und 50 Mitarbeiter für Wartungen zu beschäftigen und die anfängliche Lebensdauer von 10 Monaten auf 14 Monate erhöht zu haben. Eine Auswertung des US-amerikanischen Online-Magazines Quartz über E-Scooter von Bird ergab eine durchschnittliche Lebensdauer von 28,8 Tagen.

Situation in anderen Ländern

In einigen Grossstädten wie Kopenhagen, Moskau, Stockholm oder Warschau sind E-Scooter-Verleiher ebenfalls seit um 2018 tätig. Neben den länderübergreifenden Anbietern wie Lime und Voi finden sich dabei auch nationale Verleiher. In Moskau heisst eine Firma YouDrive Lite, in Warschau Hive.

Zur besseren Wahrnehmung wurde in Italien bereits ein eigenes Verkehrsschild ähnlich den Fahrrad-Schildern aufgestellt.

Ausserhalb Europas

In China sind E-Scooter ebenso etabliert wie in US-amerikanischen Städten.